Geschichtliches zum Baumkuchen und unserem Café Kruse

Es war einmal der 13. Februar 1735, als ein stattlicher Jüngling namens Ernst August Friedrich Garbes geboren wurde, welcher ausschlaggebend für den Erfolg des Salzwedeler Baumkuchen verantwortlich war. Dieser hatte nämlich schon in seiner Jugend sehr gute Fähigkeiten in den Bereichen Kochen, Braten und Backen entwickelt. Sein Talent sprach sich herum, so dass er auch bei den Adeligen bekannt wurde. Er war u.a. Küchenmeister beim Markgrafen von Schwedt (Schwager Friedrich II). Hier entwickelte er viele neue Rezepte, die er in sein Notbuch eintrug, egal ob diese sich bewährten oder nicht. Später, nach seiner Hochzeit mit Fräulein Magdalene Tiedens, war er sogar Küchenmeister beim König Friedrich Wilhelm II. Im fortgeschrittenen Alter und gegen Ende des 18. Jahrhunderts beschließt er jedoch seine Anstellung aufzugeben und ein braver wohl angesehener Bürger der Stadt Salzwedel zu werden und nimmt dort den Ratskeller in Pacht, welcher noch heute eines der wichtigsten historischen Gebäude mitten in der Stadt ist.
 

Seine 2. Tochter lernte in Salzwedel den Stadtmusikus Lentz kennen und heiratete ihn schließlich 1801. Es war dieser Johann Joachim Friedrich Lentz, der im Jahre 1820 für 2010 Taler Courant den Ratskeller vom Magistrat der Stadt Salzwedel abkaufte. Als er starb, erbte seine einzige Tochter Mademoiselle Luise Lentz seinen ganzen Besitzes, in dem sich auch das besagte Notizbuch befand. Hierin entdeckte sie das Baumkuchenrezept (wieder). Eigentlich beginnt die Geschichte des Baumkuchens erst jetzt. Denn unsere Luise Lentz hatte nicht nur die Rezepte ihres Vaters, sondern auch sein Talent beim Backen und Kochen geerbt. Nun experimentierte sie sehr viel, bis das Rezept zur Vollendung kam. Warum der Baumkuchen nicht schon durch Ihren Vater berühmt wurde, kann haute niemand mehr nachvollziehen.
 

Am 26. Mai 1841 besuchte Friedrich Wilhelm IV die Stadt Salzwedel, die seit Kurfürst Joachim II (1535-1571) keinen König oder Fürsten mehr in seinen Mauern hatte. Ihm zu Ehren wurde eine Festtafel zubereitet, auf der natürlich auch der Baumkuchen nicht fehlen durfte. Dieser schmeckte Ihm so vorzüglich, dass er den Rest für seine Frau mitnahm. Luise Lentz erkannte, dass sie die Popularität Ihres Kuchens nun ausbauen musste und schickte daher an Weihnachten 1841 per Eilboten einen ganzen Baumkuchen an den Hof nach Berlin. Als Gegengabe erhielt sie ein herrliches Service aus Meißner Porzellan und bald darauf Bestellungen aus Berlin, Wien und Petersburg, denn der Baumkuchen war unter den adeligen Gästen sehr beliebt gewesen. Es wurde kräftig gebacken und auf kompromisslose Qualität geachtet. Auch in Kaufmannskreisen wurde der Kuchen bekannt, sodass bald jeder, der etwas auf sich hielt und eine Feier veranstaltete auch einen Baumkuchen mit anbot, insofern er es sich leisten konnte. Immer öfter hieß es jetzt: Was ist das für ein leckeres Gebäck? Wo liegt Salzwedel?
 

In dieser Zeit beobacht Frau Lentz des Öfteren einen Herrn in Ihrem Café, der in der Ecke saß, Kaffee trank und Baumkuchen aß. Dieser hatte seine Konditorei in Salzwedel in der Holzmarktstraße. Es war keine geringere, als die des Café Kruse. Er hatte es auch nach vielen Fehlversuchen nicht geschafft, den Baumkuchen so zu backen, wie es ihr gelang. Jedenfalls bekam er dann das Rezept und übernahm dann allmählich die Baumkuchenbäckerei in Salzwedel.
 

Am 22. November 1865 war Wilhelm I in der Stadt. Zu dieser Zeit war das Café Kruse der einzige Baumkuchenherstellungsort in Salzwedel. Es wurde ein prunkvoller, mit Marzipanrosen bestückter, Baumkuchen zum Festessen in die Propstei bei den Grafen von der Schulenburg (heute: Johann-Friedrich-Danneil-Museum) gebracht. Von diesem Moment an war das Café Kruse königlicher Hoflieferant, was den Umsatz und die Produktion enorm steigerte. Bei keinem Fest durfte der leckere Baumkuchen aus dem Café Kruse fehlen. Im Jahre 1875 starb unser Bäcker hochgeehrt und geachtet.
 

Sein Neffe Fritz Gerecke übernahm das Café Kruse. Nach dessen Tode vermachte seine verbliebene Frau es am 1. Mai 1920 an Fritz Kruse, welcher seit dem 10. November 1928 alle Baumkuchen-Bäckereien und damit die gesamte Baumkuchen-Produktion in Salzwedel in seiner Hand vereinigte. In den Jahren nach der Weltwirtschaftskrise bis 1939 war eine neue Blüte der Baumkuchen-Produktion zu verzeichnen. In Blechbüchsen verlötet, trat der Salzwedeler Baumkuchen von Fritz Kruse und später seiner Witwe den Weg in alle Erdteile an. Leider folgte der 2.Weltkrieg, welcher die Baumkuchen-Produktion fas zum Erliegen brachte. Ein guter Baumkuchen kann nicht mit Ersatzstoffen, wie Margarine oder Eipulver gebacken werden. Auch nach dem Krieg war die Lebensmittelknappheit so stark, dass Baumkuchen-Besteller die Zutaten selbst liefern mussten.
 

Zu DDR-Zeiten wurde das Café Kruse dann verstaatlicht und die Planwirtschaft sah den Baumkuchen nicht als so wichtig an. Die Quantität stieg trotz vorhandener Rohstoffe nicht wesentlich an und der hergestellte Baumkuchen wurde größtenteils exportiert, sodass es nur schwer möglich war, als normaler Bürger den leckeren Kuchen zu erhalten.
 

Nach der Wende wurde das Café zurückgegeben an die Tochter Fritz Kruses welche es einem anderen Salzwedeler vermachte. Dieser verkaufte es 1995 an die Familie Wullschläger. Außerdem gelang es, den typischen Original Salzwedeler Baumkuchen zu patentieren. Noch heute wird der Kruse-Baumkuchen so hergestellt, wie es Fritz Kruse einst tat. Zwar wurden der walzendrehende Bäckerjunge durch einen Motor und die Buchenholz- durch eine Gasflamme ersetzt, aber die Rezeptur und die aufwendige Herstellung in reiner Handarbeit blieben unverändert, was auch den Preis des Kuchen rechtfertigt. Zum Glück ist es uns heute möglich, genügend leckeren Kuchen für alle unsere Kunden herzustellen. Denn mit Eröffnung unserer neuen, allen aktuellen Hygienerichtlinien entsprechenden, Baumkuchenfabrik können wir problemlos dem stetig steigendem Bedarf an  Baumkuchen gerecht werden.